Das Erbe des Amokläufers

Es ist mal wieder passiert: Ein junger Mann war so unzufrieden mit sich selbst, dass er zur Waffe griff und in seine Schule schoss. Soweit nichts Neues. Für die Kulturhoheit schon: Wer sich – von einer Meldung im Spiegel angeteasert (ursprünglich hieß das wohl heiß gemacht) – auf die Suche begibt, also bei google den Nick(namen) des Amokläufers eintippt, wird recht einfach einer Existenz gewahr, die vielleicht etwas einseitig aber nicht besonders ungewöhnlich war.

Zwar ist die Website des Ex-Schülers vom Provider inzwischen gesperrt. Dafür kann der geneigte Internetsurfer den Emsdettener auf viele Weise elektronisch beerben. Eine Fun-Map für den Egoshooter Quake mit dem wegweisenden Titel fy-hallofdeath gehört ebenfalls zum breit gestreuten Nachlass des Selbstmörders – hier ein Screenshot der freweilligen Hausaufgabe. Nach kundigem Urteil der Nutzer des Forums thewall.de ist das Werk etwas dürftig geraten und hätte zusätzlichen Engagements des Verstorbenen bedurft, um einer Erwähnung wert gewesen zu sein. Immerhin, jetzt ist es das nicht weniger als eine von mehreren Ankündigungen des eigentlichen Amoklaufs.

Was wir davon halten? Schauen wir erstmal, was das Netz davon behält. Der Vorteil solcher Spuren: wir kommen näher ran, als das dünne Bild des Boulevards erlaubt. Der Nachteil: am Ende warens wieder die Computerspiele. Spannender ist da schon die Frage: Wer hat ein Recht auf den Nachlass des Toten? Soll man sperren, was der Täter frewillig gab, nur weil es im Nachhinein so schrecklich folgerichtig wirkt? Darf nur die Presse ihre Version verbreiten, während Social Software-Server zum Schweigen verdammt sind?

Geschichte schreiben ist auch nicht mehr, was sie nie war: die Sache eines Autoren.

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